Einer „Heldin des Alltags“ auf der Spur – Blandinewallfahrt 2024

„Warum sollten wir uns mit einer Frau beschäftigen, die vor über hundert Jahren gestorben ist, Nonne war und noch dazu so einen komischen Namen hatte. Gut, sie war früher mal am Calvarienberg, aber was hat das mit mir zu tun?“ – So oder so ähnlich könnten einige Fünftklässlerinnen und Fünftklässler gedacht haben, als sie die Ankündigung erhielten, dass alle fünften Klassen des Gymnasiums Calvarienberg am 20. Juni 2024 an der „Blandinewallfahrt“ zu Ehren der seligen Schwester Blandine Merten teilnehmen werden.

Wenn man sich im Internet über Blandine Merten erkundigt, heißt es auf der Webseite des Blandinearchivs: „Sie tat nichts Außergewöhnliches, aber das, was sie tat, tat sie außergewöhnlich gut.“ Auf den ersten Blick klingt das noch nicht nach einer zufriedenstellenden Antwort auf die Frage, warum sich die Beschäftigung mit dieser Frau lohnt. Denn schließlich verbinden die meisten mit heiligen oder seligen Personen großartige Wunder- oder herausragende Heldentaten, derentwegen diese verehrt und angebetet werden. Die eine derart große „Heldentat“ findet man in Blandine Mertens Biografie jedoch nicht. Vielmehr war es ihr außergewöhnlich hingebungsvolles und warmherziges Wirken als Ordensfrau und Lehrerin, das ihre Mitmenschen liebten und über ihren Tod hinaus bewunderten. Man würde sie heute vermutlich als „Heldin des Alltags“ bezeichnen, die allen Widrigkeiten des Lebens zum Trotz Güte, Lebensfreude und Liebe verbreitete, die sie aus einem unerschütterlichen Gottvertrauen schöpfte. Dies ist ein Aspekt, der sie auch für die heutigen Schülerinnen und Schüler zum Vorbild machen kann.

Die diesjährige Wallfahrt, die fester Bestand des religiösen Angebots unserer Schule ist, wurde vom Pastoralreferenten Herrn Theobald, Frau Marx aus der Fachschaft Religion und den drei Klassenlehrer/-innen Herrn Hansen, Frau Kirchlinne und Frau Sonnenberg begleitet. Ausgangpunkt war die Krypta des ehemaligen Klosters Calvarienberg, in dem die Ursuline eine Zeit ihres Ordenslebens verbrachte. Hier starteten die jungen Pilgerinnen und Pilger ihren Weg mit einem Impuls, bei dem sie ihre Fingerabdrücke mit Wachs auf eine Klassenkerze setzten, die symbolisch für eine Bitte an Blandine stehen sollten. Diese Kerzen wurden anschließend zur nächsten Wegstation mitgenommen: dem Blandine-Merten-Haus in Trier. Im dortigen Innenhof wurde die Pilgergruppe von der Generaloberin der Ursulinenkongregation Schwester Roswitha Maria bei strahlendem Sonnenschein begrüßt. Angesichts der Tatsache, dass für den Tag schlechtes Wetter mit Regenschauern angekündigt gewesen war, bemerkte Schwester Roswitha schmunzelnd, dass Blandine offenbar ihre schützende Hand über die Wallfahrt halte.
Nach der Begrüßung erzählte Schwester Christel, eine leidenschaftliche Blandineverehrerin, den Kindern anschaulich von Episoden aus dem Leben der Seligen. Die Anekdoten, die von den kleinen Gesten der Liebe und Güte Blandines handelten, machten deutlich, wie sehr die oben genannte Beschreibung auf die Selige zutrifft. Nun wurde auch klar, was es mit dem ungewöhnlichen Ordensnamen auf sich hat, denn Blandine bedeutet „die Freundliche“. Mit leuchtenden Augen schloss Schwester Christel ihren Vortrag mit ihrer eigenen Glaubenserfahrung ab: Die Gebete an die selige Blandine hätten ihr geholfen, ein persönliches Schicksal leichter zu nehmen und damit die eigene Lebenseinstellung positiv zu verändern.

Der anschließende Gottesdienst, der von Tobias Theobald geleitet wurde, fand in der Blandine-Kapelle statt, in dem sich das Grab der Seligen befindet. „Freut euch des Herrn zu jeder Zeit“ lautete der erste Satz der Bibellesung aus dem Philipperbrief, der die Lebenseinstellung Schwester Blandines zutreffend beschreibe. Mit dem Wunsch und der Fürbitte, dass es allen gelinge, grundsätzlich Freude am Leben zu empfinden und diese auch an andere weiterzugeben, wurden die mitgebrachten Kerzen der Klassen entzündet, bevor sich die Pilgergruppe zur letzten Station der Wallfahrt, dem Trierer Dom, begab.

Nachdem Herr Theobald als gebürtiger Trierer auf dem Domstein stehend sehr überzeugend und unterhaltsam dessen Legende und ein Domstein-Gedicht auf Trierer Platt vorgetragen hatte, leitete er die Gruppe mit einer kleinen Führung durch den Dom, die an der Blandine-Merten-Statue ihren gelungenen Abschluss fand.
So wurde die Wallfahrt mit dem Eindruck von einer Blandine-Figur abgeschlossen, die einladend ihre Hand ausstreckt, um die Menschen mitzunehmen, bevor sich die Pilgerinnen und Pilger auf den Weg zurück nach Ahrweiler machten.

Autorin und Fotos: Julia Marx