Sozialpraktikum: Soziales Lernen im außerschulischen Bereich
Warum führen wir ein Sozialpraktikum durch?
Unser seit Jahren bestehendes Sozialpraktikum geht auf das Compassion-Projekt der katholischen Schulen zurück und soll primär die Bereitschaft zur Solidarität, Kooperation und Hilfsbereitschaft im sozialen Bereich anregen und fördern.
Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen haben überzeugend gezeigt, dass die Gesellschaft auf diese Art Sensibilisierung der jungen Generation angewiesen ist und dass sich nicht nur die Einstellung der Jungendlichen, sondern darüber hinaus auch die Atmosphäre in der Schule nachhaltig positiv verändert.
Insofern entspricht dieses Programm dem durch das Privatschulgesetz vorgegebenen Auftrag, „das öffentliche Schulwesen zu bereichern und durch besondere Formen des Unterrichts und der Erziehung zu fördern“.
Wie bewältigen wir diese Aufgabenstellung?
Eine erste Bedingung hierfür ist zunächst einmal die Begegnung mit jenen Menschen, die Solidarität und Kooperation brauchen. Diese Begegnung kommt in der Regel nicht von alleine zustande. Sie muss vielmehr in einer Gesellschaft separierter Lebenswelten, in denen die Behinderten, alte Menschen und Kinder in eigenen Einrichtungen und eigenen Welten leben, organisiert werden. Wir öffnen die Schule auf Lebenswelten hin, die in der Schule sonst real nicht vorkommen.
Unser Praktikum ist für alle Schüler der Klasse 11 verpflichtend. Dadurch entlastet es den einzelnen Schüler vom Begründungsdruck gegenüber anderen.
Wann geht es los?
In diesem Jahr findet das Praktikum in der Zeit zwischen dem 1. Dezember (Montag) und dem 18. Dezember (Donnerstag) 2008 statt.
Wie verläuft unser Praktikum?
In den drei Wochen vor den Weihnachtsferien verteilt sich die gesamte Jahrgangsstufe auf ca. 40 bis 50 Einrichtungen, die sich im Stadt- und Kreisgebiet befinden und mit denen wir schon lange zusammenarbeiten. Es handelt sich vor allem um Altenheime, aber auch Krankenhäuser und Einrichtungen für behinderte Erwachsene und Kinder, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht den höchsten Stellenwert einnehmen und denen sich häufig Mitarbeiter und Helfer nicht aufdrängen. Diese Einrichtungen teilen uns zu Beginn des Schuljahres mit, ob und wie viele Praktikanten sie jeweils einsetzen können.
Die interne Verteilung erfolgt nach einem Verfahren, bei dem sich die Schüler aus diesem festen Bestand für wohnortnahe Einrichtungen mit einer Erst- und Zweitwahl bewerben können. Bisher konnten alle Schüler nach diesem Procedere einem Praktikumsplatz zugeordnet und eingesetzt werden.
Wie können wir Erkenntnisse über die Erfahrungen unserer Schüler gewinnen?
Nach der Praktikumsphase findet am 19.Dezember eine Nachbesprechung statt, in der die Schüler ihre Erlebnisse, besondere Vorkommnisse oder Schwierigkeiten austauschen können. Mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens werden zudem die Informationen erfragt und ausgewertet. Diese Befragungsergebnisse bilden einen Teil einer Informationstafel, die der gesamten Schulgemeinschaft im Foyer vorgestellt wird. Zusätzlich fertigen die Schüler einen verbindlichen Praktikumsbericht an, der den betreuenden Lehrern an die Hand gegeben wird. Diese Lehrer haben ihre Praktikanten am Praktikumsort aufgesucht und können nun vergleichen, wie ihre Schüler ihre Erkenntnisse und Erlebnisse formuliert haben. Auf eine Benotung verzichten wir, obwohl bisher die meisten Praktikumsmappen größtes Lob verdient haben. Immer wieder bedanken sich unsere Einrichtungen über die Einsatzfreude und das Engagement ihrer Praktikanten, die z.T. die Pflege- oder Hilfsbedürftigen nach dem Praktikum noch einmal besuchen oder sich weiterhin für sie einsetzen .
Die Akzeptanz unseres Sozialpraktikums kann bei Schülern, Lehrern und Eltern hoch angesetzt werden.
Sicherlich gibt es bei vielen Schülern insbesondere in der Vorbereitungsphase immer wieder Ängste und Befürchtungen, man könne den Herausforderungen nicht gerecht werden. Längst nicht alle möglichen Belastungen können durch Vorgespräche erahnt bzw. aufgegriffen und ausgeräumt werden. Nicht immer sind die Einsatzmöglichkeiten vor Ort optimal. Vor allem sind die Einrichtungen zwangsläufig unterschiedlich und stellen jeweils andere Anforderungen, die dazu führen können, dass man sich als Praktikant im Vergleich zu den Mitschülern subjektiv über- oder unterfordert fühlen kann. Für Praktikanten mit hoher Motivation ergeben sich immer wieder viel zu rasch Grenzen rechtlicher und organisatorischer Art für das, was getan werden darf und kann, da unsere Schüler naturgemäß keine Fachkenntnisse vorweisen können. Letztlich kann auch nicht erwartet werden, dass sich Schüler in solch kurzer Zeit genügend einarbeiten können, um anspruchsvollere Arbeiten auszuführen.
Was ist das Wesentliche?
Niemand kann beweisen, dass unsere Schüler nach dem Projekt eine messbare größere Handlungsbereitschaft im Sozialen erreicht haben. Wir können jedoch mit Bestimmtheit feststellen, dass unsere Schüler eine größere Aufgeschlossenheit und Achtsamkeit für soziale Probleme entwickelt haben.
Auch im Sinne der beruflichen Perspektive erfahren die jungen Menschen Einsichten in eigene Fähigkeiten, Neigungen und Interessen. Häufig erkennen Schüler, dieses Berufsfeld nicht mehr anzustreben, oder aber sie haben erfahren, dass sie trotz vorhandener Vorbehalte in der Lage waren, eine ursprünglich eher als lästig oder unangenehm empfundene Pflichtaufgabe angemessen gemeistert zu haben. Letztendlich wird auch Schule nach diesem Ausflug in die Lebens- und Arbeitswelt oft anders wahrgenommen, und Lehrer wie auch Eltern lernen eine andere Seite der jungen Menschen kennen.
Was bleibt?
Mit unserem Praktikum leisten wir einen nicht unwesentlichen Beitrag zum praktischen christlichen Leben als Ergänzung des schulischen Alltages nach dem Bibelwort handelnd: „Was ihr getan habt einem von den geringsten meiner Brüder, das habt ihr mir getan.“ (Mt.25,40)
W. von Schaaffhausen, StD